Das Starre zum Fliessen bringen. Zu Mischa Käsers Orchesterwerk "Ordoublé"
Bevor er den Einsatz zur Uraufführung1 von Mischa Käsers "Ordoublé"2 (Fünf Charakterstücke für Orchester, obligate Solovioline und Solovioloncello) gab, warnte der Dirigent Heinrich Schiff das Abonnentenpublikum des Winterthurer Musikkollegiums, Käsers Werk werde eine bestimmte Hörerwartung nicht erfüllen, nämlich, dass man nach einem tastenden, leisen Beginn bald einmal mit einer schönen Melodie oder einem beruhigenden Akkord belohnt werde. Derart das Publikum für sich einzunehmen, ist Käsers Sache nicht, und er stellt sich ihm auch nicht als das aufgewühlte Subjekt dar, in das man sich bloss einzufühlen brauchte, um der Musik folgen zu können. Käser konzipiert die Musik nicht von der Geste her, sondern von Materialien, die er in Bewegung setzt, transformiert, überlagert. In der Gleichzeitigkeit divergierender Prozesse hat seine Musik etwas Naturnahes: keine Lautmalerei allerdings, sondern gewissermassen abstraktes Abbild von Vorgängen.3 Die grosse Geste ist in diesem Kontext bloss ein Objekt der Demontage, um nicht zu sagen: des Spottes. So der doppelt punktierte Rhythmus, mit dem die Pauke in der "Ouverture emplumée" (Nr. 4) alle paar Takte ins Geschehen hineinfährt, als möchte sie den Rest des Orchesters stets von Neuem befeuern. Es ergibt sich aber keine sinfonische Entwicklung daraus, sondern ein beinahe chaotisches Durcheinander von Linien und Figuren, das sich nach einer gewissen Zeit erschöpft und in einen Unisono-Ton mündet. Auch Nr. 3 geht "dal pieno al vuoto", nimmt den groben und lauten Beginn zurück in die Leere sich repetierender und sequenzierender Motive im Pianissimo.
Wenngleich das Leise dominiert in dieser Komposition und wahrscheinlich generell in Käsers Schaffen , fehlt das Laute und Harte keineswegs. Im vorletzten Abschnitt des ersten Stückes ("Quintendynastie"), ist das mit fünf Spielern besetzte Schlagzeug geradezu brutal trocken eingesetzt es ist dies das Ende eines Transformationsprozesses, der seinen Ausgangspunkt in hohen und leisen Quinten-Flageoletts der Geigen und Bratschen hat. Diese werden im Verlauf des Stücks mit Akzenten versehen, durch Beimischung von Schlagzeug gehärtet und mittels Bartk-Pizzicati klanglich mutiert. Dies ist nur einer von mehreren Prozessen, die sich in diesem Stück überlagern, und er verläuft keineswegs so gradlinig, wie die (notgedrungen vereinfachende) Beschreibung hier suggeriert: So kehren unmittelbar vor dem Abschnitt mit dem "nackten" Schlagzeug die Streicher mehrheitlich zum Arco zurück, aber weil sie ganz am Frosch spielen und aus den Quinten überwiegend grosse Septimen geworden sind, geht die Schärfe nicht verloren, sondern wird nur anders realisiert. Einen Charakter auf verschiedene Weise darzustellen, ist für Käser essentiell: Mit Bezug auf Kafkas "Chor der Lügner" spricht er von den zahlreichen Betrachtungsweisen eines Objekts, die jede für sich genommen falsch sind, in der Summe aber ein Richtiges ergeben.
Wie der Titel ("Quintendynastie") sagt, sind die Quinten im ersten Stück das zentrale Objekt der Betrachtung bzw. der Transformation. Dem Orchesterstück liegt ein gleichnamiges Klavierstück aus den "Albumblättern" zugrunde, in dem eine Quintschichtung Stimme um Stimme chromatisch nach unten versetzt und also in die nächsttiefere Quintschichtung moduliert wird (Notenbeispiel 1). Dieses Klavierstück bildet die Folie, auf der sich der zentrale Teil der Nr. 1 von "Ordoublé "abspielt eine Folie, die ihrerseits durch verschiedene Eingriffe aufgeweicht oder gehärtet, verdeutlicht oder verwischt wird. So wird das klare und schematische Abwärtsschreiten der Stimmen vernebelt durch die Solovioline und das Solovioloncello, die bereits verlassene Töne festhalten oder noch nicht fällige vorwegnehmen (Notenbeispiel 2). Im Mittelteil der Klavierstück-Adaption, wo die rhythmische Regularität ins Schwimmen gerät, verstärken die Soloinstrumente die Unsicherheit mit unregelmässigen Akzenten, geben aber mit den sforzati der Folie zugleich mehr Profil (Notenbeispiel 3).
Auf ganz andere Weise werden festgefügte Strukturen in Nr. 2, "Ground", verwischt. Zum einen buchstäblich, weil die ersten Violinen das Ground-Thema (Notenbeispiel 4) auf dem Hintergrund von Wischgeräuschen exponieren, die die übrigen Streicher mittels Streichen auf dem Steg erzeugen. Zum andern, weil das Thema selbst zuerst in metrisch nicht koordiniertem Kanon, dann mit zwar gleichzeitigem Start, aber unterschiedlichem Tempo pro Instrument weitergeführt wird. Als Resultat soll ein "sehr leises, gesponnenes Netz" der Geigen und Bratschen entstehen, das an die Stelle der Wischgeräusche des Anfangs tritt und den Hintergrund bildet für die Metamorphosen des Themas im Gong, der Harfe und den Hörnern. Das Deutliche wird undeutlich, das Vordere rückt nach hinten und schafft Platz für Neues: dieser Vorgang wiederholt sich, wenn dem (metrisch nicht koordinierten) Kanon der Flöten und Klarinetten die ersten Takte aus dem langsamen Satz von Bachs IV. Brandenburgischem Konzert aufgepfropft werden: durch die (taktweise eingefügten) Lücken im Bach-Zitat blickt jeweils Käsers Ground hindurch. Im zweiten Teil mutiert der behäbige Ground zum Scherzando das Bemerkenswerte daran ist, dass Käser den Scherzo-Charakter durch ein sprechendes Orchester unterstützt: er benützt dazu einen Text über die Beschaffenheit von Instrumenten, den man nicht verstehen kann und auch nicht verstehen soll; es genügt, dass der Text in seiner sachlichen Trockenheit bestimmt keine Emotionen weckt und die Konzentration der Ausführenden auf Rhythmus und Lautartikulation lenkt. Also wiederum eine andere Variante eines leise gesponnenen Netzes, und auch dieses hat seinen Vorläufer, nämlich die "Ah!"-Rufe, mit denen das Orchester an vier Stellen den musikalischen Verlauf interpunktiert.
Die permanenten Schichtwechsel in diesem Variationensatz spielen sich fast ausschliesslich im Bereich der untersten dynamischen Grade ab, wodurch ein delikater, ausgeklügelter Charakter resultiert. Diesem wollte Käser mit Nr. 3, "Allegro furioso Adagio vuoto", ein grobes Stück entgegensetzen, grob nicht nur, was den Charakter des ersten Teils mit seinen strawinskyhaften unregelmässigen Rhythmen betrifft, sondern auch in der kruden Dualität der beiden Teile. Ebenso krud dual ist das Concerto grosso-artige Wechselspiel von Solovioline und Solovioloncello mit dem Orchester. Die Metamorphose, die wie eine Grundidee diesen Zyklus durchzieht und in vielfältiger, stets anderer Weise umgesetzt ist, fehlt indessen auch hier nicht. Dem Klima des Stücks entsprechend realisiert sie sich in plakativer Weise, paradoxerweise aber so, dass sie zunächst kaum zu bemerken ist: Ab T. 72 verlässt nämlich eine Instrumentengruppe nach der andern die dem Stückanfang entsprechende Struktur und beginnt mit einer metrisch unabhängigen Aufwärts- oder Abwärtsskala, die langsamer und leiser wird, um in einen wiederholten Ruf eine Art umgekehrtes Seufzermotiv zu münden. Schritt um Schritt kippt das Stück von einer Seite auf die andere (Notenbeispiel 5).
Den dualen Aufriss mit der Entgegensetzung eines lauten schnellen und eines leisen langsamen Teils übernimmt die "Ouverture emplumée"(Nr. 4) von Nr. 3. Das Konzertante, in Nr. 3 Privileg der beiden Solostreicher, greift hier auf das ganze Orchester über: (fast) jede(r) darf mal aber nicht jede(r) wird gehört werden. Während Käser sonst darauf bedacht ist, die Mehrschichtigkeit transparent zu machen, tritt hier mal das Eine, mal das Andere ins Blickfeld. Nicht zu überhören sind allerdings die als absteigende Folge von Tremoli realisierten "Engelsstürze" sie bilden im ersten Teil sozusagen den Kern, um den sich das Geflecht der übrigen Stimmen rankt. Auch dass die Vertikale hier bloss das Resultat der Stimmenvielfalt ist, aber als solche nicht kalkuliert ist, ist in diesen Stücken und überhaupt bei diesem Komponisten eher die Ausnahme. Auf die bewusste Gestaltung der Harmonik legt Käser grossen Wert; er sieht in der häufigen Vernachlässigung der Vertikale eines der grössten Defizite zeitgenössischer Musik.
Nr. 5, "Sarabande domestique" (Notenbeispiel 6), mag dafür als Beispiel stehen. Hier etabliert Käser, ausgehend von den sechs musikalisierbaren Buchstaben des Namens Claude Debussy (C-A-D-E-B-ES) eine Folge von sechs dreistimmigen Akkorden, die als eine Art harmonisches Ostinato wiederholt werden (Notenbeispiel 7). Das Prinzip der Verknüpfung besteht darin, dass jeweils zwei Töne aus dem vorhergehenden Akkord übernommen werden und ein neuer dazukommt (stets auf Kosten desjenigen, der am längsten dabei war). Dieses schrittweise Vorangehen, vergleichbar der Modulation der Quintschichtung in Nr. 1, gibt der Harmoniefolge Stabilität, und zugleich wird damit eine willkürliche Auswahl von Tönen mit "Logik" versehen. Die Wiederholung tut das Ihre, dass diese Harmoniefortschreitung einleuchtend erscheint, wobei gleich gesagt werden muss, dass sich beim Hören ein Ostinato-Effekt viel eher auf der rhythmischen Ebene als der harmonischen einstellt. Rhythmisch handelt es sich aber nur scheinbar um ein Ostinato (der Wechsel von Takten mit einem Akkord nur auf der Eins und solchen, die auf der Eins und der Drei artikuliert sind, ist nicht regulär), während das wirkliche Ostinato der Harmonik gerade deswegen verdeckt bleibt, weil es nicht mit dem Rhythmus kongruent ist. Es kommt hinzu, dass die Akkorde wegen des beschriebenen Prinzips der Verknüpfung - sich im Tonvorrat nicht stark voneinander unterscheiden, aber jeder Akkord stets anders instrumentiert und in der Lage anders gesetzt ist. Da Käser in der Fortschreitung von einem Akkord zum nächsten meistens nur einen Teil des Ensembles auswechselt (im Unterschied zur Harmonik geschieht dies aber ohne Systematik), unterscheidet sich pointiert gesagt ein Akkord von seinem Nachbarn weniger als von seiner eigenen Wiederholung. Die Starrheit des Ostinato wird so zum Fliessen gebracht, es ist "verwischt" und damit nur subkutan wirksam; was in die Evidenz tritt, ist die Klangfarbenkomposition. Die Harmonik ist nicht der "Zweck" der Komposition, sondern bloss die Basis, die es Käser ermöglicht, in diesem Orchesterstück eine Kammermusik der ausgesuchtesten Farben zu realisieren (deshalb die Hommage an Debussy in der Tonauswahl). Eine eigentümlich morbide Stimmung geht von diesem Anfang mit seinen exquisiten und fragilen Klängen aus, nicht zuletzt wegen der Vierteltonglissandi, die auf zahlreichen Tönen zu applizieren sind.
Ab T. 17 treten die tiefen Streicher mit einem Klangband absteigender Akkorde hinzu, das mit dem unregelmässigen Glissando die Morbidität noch verstärkt. Intendiert ist wie der Titel sagt eine domestizierte Sarabande4, aus der selbst die Punktierungen verbannt sind. Ihr setzen die in T. 23 bzw. 27 einsetzenden Solostreicher einen hemiolischen Rhythmus entgegen, wodurch das Metrum in einen Schwebezustand gerät, der seine Selbstauflösung vorbereitet. In der das Werk beschliessenden Coda tritt der Sarabanden-Rhythmus nicht mehr auf und ist die strenge Struktur aufgelöst zugunsten versprengter Motivpartikel. Die Tonhöhen der beiden Solostreicher hat Käser aus einem Mozart-Kanon gewonnen, aber da dessen horizontaler Verlauf in die Vertikale gelegt ist (es erklingen meistens drei Töne gleichzeitig) ist das Zitat nicht zu bemerken, es stellt sich bloss eine vage Assoziation an Moll ein. Der (verschwiegene) Kanon-Text "Selig, selig, alle, alle" nach Höltys "Elegie beim Grabe meines Vaters" schüsselt indessen die Bedeutung dieses im Untertitel "Totenfeier" genannten Stückes auf.
Obwohl er die Musik von der Struktur und nicht von der Gestik her konzipiert, ist Käser die semantische Dimension keineswegs gleichgültig das wäre ja auch verwunderlich bei einem Komponisten, dessen Werkverzeichnis zum grösseren Teil aus textgebundenen Werken besteht. Der abgestorbene Tanz im letzten, der in die Leere mündende Ausbruch des dritten und die Abstürze des vierten Stückes weisen allesamt in die selbe Richtung. Nimmt man die beiden vorwiegend leisen ersten beiden Sätze dazu, lässt sich zumindest sagen, dass Käser sich weigert, den Orchesterapparat in affirmativer Weise zu betätigen. Der geballten Kraft, die von diesem Kollektiv ausgeht, steht er skeptisch gegenüber. Wenn er sie einsetzt, dann nur, um sie anschliessend aufzulösen. Das Denken in Schichten, welches "Ordoublé" zugrunde liegt, impliziert eine zum Kammermusikalischen tendierende Konzeption des Orchesters: ein Zusammen- oder Gegeneinanderwirken von verschiedenen kleinen Gruppen. In dieses Konzept sind auch die beiden Soloinstrumente einbezogen: sie bilden manchmal eine Gruppe für sich (die aber nicht mehr Gewicht hat als andere Gruppen im Orchester), sind manchmal sogar bloss Teil anderer Gruppen; solistisch eingesetzt im hergebrachten Sinne also sich über das Orchester erhebend sind sie nur selten. Damit hat Käser die Verhältnisse von Brahms' Doppelkonzert op. 102, zu dem er gemäss Auftrag des Winterthurer Musikkollegiums ein gleichbesetztes Pendant zu schreiben hatte, auf den Kopf gestellt: dort verhalten sich Solisten und Orchester weitgehend wie Individuen und Kollektiv zueinander, und nur ausnahmsweise integrieren sich die Solisten in den Orchestersatz oder treten aus dem Orchester einzelne individuelle Stimmen heraus. Käser liess sich also durch den Auftrag nicht auf ein konzertantes Werk herkömmlicher Machart verpflichten; hingegen war ihm klar, dass ein leichtgewichtiges Stück der geballten Wucht von Brahms' Doppelkonzert nicht standhalten würde. Nicht indem er klassische Rezepte kopiert, sondern indem er mit dem konstruktiven Ernst, der bei den Klassikern gelernt werden kann, zu Werke geht, erreicht Käser, dass seine Fünf Charakterstücke vor dem Repertoirestück von Brahms bestehen können.
Nicht nur Käsers kompositorische Fantasie beeindruckt hier sie konnte schon bei manchen Kammerstücken oder multimedialen Werken beobachtet werden ; erstaunlicher noch ist sein souveräner Umgang mit dem Orchester, zumal wenn man bedenkt, dass er bisher nur Weniges für Orchester geschrieben hat und nur ein Teil davon gespielt wurde. Er hatte also wenig Gelegenheiten, Orchesterpartituren in der Praxis zu erproben. Wo sie sich bieten, nutzt er sie umgehend zur Revision: so auch im Falle von "Ordoublé", von dem er eine zweite Fassung erstellt hat, die allerdings noch der "Uraufführung" harrt.5 Damit wäre das leidige Thema der Einmal-Aufführungen angesprochen, was in erster Linie damit zu tun hat, dass die traditionellen Orchestergesellschaften neue Musik in der Regel nur spielen, um ihren Leistungsausweis gegen über den Subventionsgebern aufzubessern, und diesen Zweck erfüllen Uraufführungen eben besser als Zweit- oder Drittaufführungen.
Weil bei den meisten Konzertveranstaltern kein wirkliches Interesse an neuer Musik besteht, aber auch, weil Käsers multimediale Interessen nicht betriebskonform sind, hat der auch als Gitarrist und Vokalist tätige Komponist sich immer wieder seine eigenen Veranstaltungen geschaffen. Jüngstes Beispiel war ein "Herzgewächse" betitelter Abend in der Roten Fabrik Zürich mit der Uraufführung seiner szenischen Kantate für drei Vokalisten, Schlagzeug, Kontrabass, Breakdancer, mechanische Tiere und Tonband6, der Stücke von Georges Aperghis, Jean-Charles François und Käsersche Realisierungen von Cage-Konzepten vorangingen. Die Entfaltung vokaler Möglichkeiten probiert Käser an sich selbst aus, und zwar in so radikaler Weise, wie sie professionellen SängerInnen nicht zumutbar wäre. Er hat deshalb in dem Ensemblestück, das an den Wittener Tagen für neue Kammermusik 2001 zur Uraufführung kommt, den Vokalpart auf eine Sängerin und sich selbst verteilt.
Mischa Käser ist ein Komponist, der offen ist für die verschiedenartigsten Sphären, für Plebejisches wie für Esoterisches, für Kindisches wie für Todernstes, für die Fabrik- und die Tonhalle (selbst die Turnhalle ist dem Hobbyfussballer Käser nicht fremd). Er ist gewissermassen durch die Seitentür ins Konservatorium eingetreten: Weder aus einer Musikerfamilie noch überhaupt aus dem Bildungsbürgertum stammend, hat er sich seine musikalischen Fähigkeiten spät und mit entsprechend grossem eigenem Einsatz erworben. So ist der heute 42jährige Käser trotz seiner Studien bei Hans Ulrich Lehmann und Roland Moser in gewisser Weise ein Autodidakt geblieben, der Erfahrungen und Beobachtungen auf verschiedensten Gebieten macht und in sein vielfältiges und erfindungsreiches musikalisches Schaffen einbringt.
1 am 25. Juni 1997 im Stadthaus Winterthur. Solisten waren Hanna Weinmeister, Violine, und Bruno Weinmeister, Violoncello. Es spielte das Stadtorchester Winterthur (heute: Orchester des Musikkollegiums Winterthur).
2 Als Ordoublé bezeichnet man eine mit Gold plattierte Kupferlegierung. Damit ist das Zusammenschmelzen mehrerer Metalle und das Aufbringen edlerer Metallschichten auf unedlere gemeint und auf analoge musikalische Vorgänge in diesem Werk angespielt. Zu "Or" assoziiert Käser ausserdem das Wort "Ohr" und das englische Wort für "oder" als Ausdruck des Zweifels.
3 A propos seines neuesten Stückes, der szenischen Kantate "Es dünkt mein Härz mich lang chli färn", schrieb Käser im Programmheft: "Seit längerem beschäftige ich mich mit der verbindung von vermeintlich heterogenen materialien, und zwar im horizontalen verlauf wie auf vertikaler ebene. [
] Die vorstellung: in einer vielschichtigen landschaft zu stehen, alles vom gleichen standort aus gesehen. Alles bedeutet hier viel verschiedenes je nachdem in welche richtung ich meinen blick wende. Der vertikale blick führt von unten nach oben oder von nahe in die ferne; von der mikrowelt der insekten über die sträucher und bäume, in die täler, auf die hügel und berge. Der horizontale gang meines blicks könnte einen herbstlichen lärchenwald streifen bevor er auf die dunklen rauchwolken eines feuers und einen strommast trifft. Mit der äussersten wendung meines kopfes nehme ich gerade noch einen schwalbenschwanz und den körper eines toten rehs wahr."
4 Die Sarabande war ursprünglich ein ausgelassener, lasziver Tanz, der in Spanien im 16. Jahrhundert unter Androhung hoher Geld- unnd Freiheitsstrafen untersagt war. Ein anderer Schweizer Komponist, Mathias Steinauer, hat der Domestizierung der Sarabande ein ganzes Orchesterwerk gewidmet ("Il rallentamento della sarabanda", UA 1996).
5 Dieser Artikel beruht auf der ersten Fassung.
6 siehe Anm. 3.
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